Um was geht es?

Das neue Rechnungslegungsrecht (nRLR) umfasst die allgemeinen Bestimmungen und die Pflichten einer ordnungsmässigen Buchführung und der Rechnungslegung. Darin werden die Bestandteile, Inhalte, Darstellungen (Sprache, Währung, Vergleichszahlen) festgelegt. Im Weiteren werden die Offenlegung und Aufbewahrung der Buchhaltungen geregelt.

Die neue Rechnungslegung richtet sich nicht mehr nach der Rechtsform (im alten Recht) sondern vielmehr nach der wirtschaftlichen Grösse und Bedeutung einer Unternehmung.

Es wird neu in fünf Teilen im Obligationenrecht beschrieben:

1.    Allgemeine Bestimmungen (Art. 957 bis 958f)

2.    Jahresrechnung (Art. 959 bis 960e)

3.    Rechnungslegung für grössere Unternehmen (Art. 961 bis 961d)

4.    Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung (Art. 962 bis 962a)

5.    Konzernrechnung (Art. 963 bis 963b)

Heutiges Recht

Die Übergangsfrist zur Umsetzung dieses neuen Rechtes ist seit dem 31.12.2014 abgelaufen. Ab dem 1.1.2015 gilt es nun ernst in der Anwendung. Das Recht muss erstmals für die Jahresrechnungen, die nach dem 1.1.2015 zu erstellen sind, zwingend angewendet werden (siehe PDF Rechnungslegunsrecht-Gliederung). Selbst wenn das Geschäftsjahr schon per 31.01.2015 endet, also nur 1 Monat des aktuellen Jahres 2015 und 11 Monate des Kalendervorjahres 2014 beinhaltet, ist das neue Recht Pflicht. (Konzernrechnung verlängerte Übergangsfrist bis 2016).

Folgende Infos sind zu beschaffen und/oder Massnahmen zur Umsetzung zu treffen:

(Aufzählung nicht abschliessend)

  • Grössenordnung der Firma  à verschiedene Regeln anwendbar
 Firmengrösse Regel   Revisionspflicht
Einzelfirmen, Personengesellschaften, Stiftungen, Vereine

  • ohne HR-Eintrag
  • mit Umsatz bis CHF 100’000
„Milchbüchleinrechnung“ *1)

  • Buchführung über Einnahmen und Ausgaben
keine
Einzelfirmen, Personengesellschaften, Stiftungen, Vereine

  • ohne HR-Eintrag
  • mit Umsatz bis CHF 500’000
„Milchbüchleinrechnung“ *1)

  • Buchführung über Einnahmen und Ausgaben
  • Darstellung Vermögenslage
  • Rechnungsabgrenzungen
keine
Gesellschaften bis

  • 20 Mio Bilanzsumme
  • 40 Mio Umsatz
  • 250 Mitarbeiter
Buchführung nach nRLR

  • Bilanz und Erfolgsrechnung
  • Anhang
Eingeschr. Revision

  • Opting out (falls weniger am 10 Mitarbeiter)
Gesellschaften über

  • 20 Mio Bilanzsumme
  • 40 Mio Umsatz
  • 250 Mitarbeiter
Buchführung nach nRLR

  • Bilanz und Erfolgsrechnung
  • Anhang mit Zusatzangaben
  • Geldflussrechnung
  • Lagebericht (inkl. Risikobeurteilung)
  • ggf. Konzernrechnung
Ordentliche Revision
Publikumsgesellschaften,
Genossenschaften mit mehr
als 2’000 Genossenschaftern,
Stiftungen mit Ordentl. Revision
Buchführung nach nRLR und der Standards (FER, IFRS)

  • Bilanz und Erfolgsrechnung
  • Anhang mit Zusatzangaben
  • Geldflussrechnung
  • Lagebericht (inkl. Risikobeurteilung)
  • ggf. Konzernrechnung
Ordentliche Revision

  • durch staatlich beaufsichtigtes Revisionsunter-nehme
  • Gliederung der Bilanz und Erfolgsrechnung à Änderung gegenüber Vorjahr

(Gesetzliche Gliederung nach nRLR zwingend; siehe unten)

  • Entscheid über Angaben der Vorjahreszahlen für das 1. Jahr im nRLR,

ab 2. Jahr zwingend

  • Infos und Ausgestalltung des Anhang zur Jahresrechnung
  • Festlegung der Sprache und Währung für die Führung der Buchhaltung
    • Festlegung des Umrechnungskurses (Offenlegung im Anhang) für die Angabe der Werte in der Landeswährung
      • Festlegung der Sprache für die Rechnungslegung in der Landessprache oder in Englisch
  • Anpassung des Kontoplanes à KMU-Kontorahmen

Umstellung der Software à siehe GebüV Art 3 Integrität / nach den Vorgaben zur Führung der Geschäftsbücher (Verordnung über die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher):

  • Nachvollzug muss gewährleistet sein
  • Vergleichbarkeit mit Vorjahresangaben
  • Anpassung an neue Struktur der Jahresrechnung
  • Anpassung der Eröffnungsbilanz nach neuen Bewertungsgrundsätzen (OR 959)
    • Erstellen Bewertungskonzept
    • Einzel- oder Gruppenbewertung
    • Erstbewertung der Aktiven höchstens zu Anschaffungs-/Herstellkosten
    • Bestimmung der Aktivierfähigkeit von Aktiven und Passiven

(cf. Aktivierungs-Gebot /-Verbot)

  • Zeitliche und sachliche Abgrenzungen (OR 958b)
  • Erstellen der „korrekten“ Eröffnungsbilanz durch Umbuchungen, u.a.
    • Umteilung im Umlaufvermögen durch Umbuchungen
    • Ausbuchung aktivierter Gründungskosten (Achtung Steuereffekt)
    • Behandlung eigener Aktien
    • Aktivierung bisher nicht aktivierter Aktiven (z.B. nicht fakt. Dienstleistungen)
    • Umteilung im Fremdkapital durch Umbuchungen
    • Bereinigung Rückstellungen
    • Bereinigung Eigenkapital und Reserven
    • Rückbuchung Reserven für eigene Aktien

 *1) „Milchbüchleinrechnung“:

Für Kleinstunternehmen sieht das nRLR eine „Erleichterung“ vor, wobei auf die klassische doppelte Buchhaltung verzichtet werden kann. Anstelle dieser ist eine Darstellung der Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung und der Vermögenslage in Listenform zugelassen.

Das veb.ch als grösster Schweizer Verband für Rechnungslegung, Controlling und Rechnungswesen empfiehlt jedoch, auf die Buchführung nach dieser Methode zu verzichten. Vor allem ein erheblicher Zeitaufwand für die Bereitstellung, resp. Erhebung folgender Informationen und nachstehender Nachteile führen zu dieser Empfehlung:

  • Zusammenstellen der Vermögensteile im Nachgang
  • Weitergehende Auswertungen zur Gewinnbesteuerung werden von den Steuerbehörden verlangt, so z.B.:
    • Bruttogewinnrechnung
    • Bewertung der Vorräte
    • Abschreibungstabelle
  • Kontrolle / Abgleich der stillen Reserven wird erschwert, u.U. zum Nachteil des Steuerpflichtigen
  • MWSt: Beginn der Steuerpflicht liegt bei CHF 100’00 pro Jahr
    • Die formalen Anforderungen sind nur mit erheblichem Zusatzaufwand zu erfüllen
  • Risiko für Falscherfassungen steigt infolge Fehlen einer systematischen Erfassung durch eine Buchhaltungssoftware
  • Aufwendiger Such- und Korrekturaufwand
  • Erschwerte finanzielle Führung des Kleinunternehmens

Dieser Einschätzung schliessen wir uns vollumfänglich an. Ob eine Erleichterung des administrativen Aufwandes des Kleinstunternehmens sich durch diese alternative „Buchführungs-Methode“ senken lässt und eine Erleichterung darstellt, bezweifeln wir.

Auf das Führen eines Kassabuches, resp. einer „Registrierkasse“, in Betrieben mit bedeutendem Bar- und Kreditkarten-Verkehr (z.B. Hotellerie und Gastronomie) ist ohnehin nicht zu verzichten. In den meisten Fällen sind diese Systeme heute mit einer Buchhaltungssoftware inkl. Beschaffungs- & Lagertools ausgerüstet.

Der Aufwand für die Umstellung von der ordentlichen Buchhaltung nach altem Recht auf die „Milchbüchleinrechnung“ rechnet sich nicht. Das Weiterführen der bewährten doppelten Buchhaltung ist sicher angesagt. Die Anpassung an das nRLR ist hier sehr gering und je nach Software-Möglichkeit mit kleinem Parametrisierungs-Aufwand zu erledigen.

Hier kann die Broschüre „veb.ch-Leitfaden zur Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung“ heruntergeladen werden. Darin ist ein „Muster Kontorahmen für Eingeschränkt Buchführungspflichtige“ enthalten, basierend auf dem Schweizer Kontorahmen KMU nach Sterchi/Mattle/Helbling.

Bei  grösseren Firmen ist der Umstellungsbedarf nicht zu unterschätzen und die Arbeiten sollten ohne Verzögerung angegangen werden, damit nicht rückwirkend Korrekturen in der Buchführung, Eröffnungsbilanz, Bewertung, etc. notwendig werden.

Für Fragen, Unterstützung und Anpassung Ihrer Buchhaltung und Ihres Systems stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Sie können uns unter folgender E-Mail-Adresse info@finaveritas.ch oder per Telefon unter 044-742 13 31 erreichen.